Nach längerer Pause ist es nun doch wieder mal soweit, daß ich etwas zu Papier gebracht habe.
Es geht nun um die Ausbildung der Pferde.
Der zentrale Punkt, die rote Leitlinie, der Leitfaden oder wie auch immer ist die sog.:
Skala der Ausbildung
Diese Ausbildungsskala nimmt bei jeder Beschäftigung mit dem Pferd, sei es nun das Reiten, das Longieren, das Fahren, etc. eine zentrale Rolle ein.
Die Skala der Ausbildung enthält folgende Punkte:
- Takt: ist das absolute Gleichmaß (zeitlich und räumlich) der Bewegungen in den drei Grundgangarten: Schritt (4-Takt in 8 Phasen, schreitend, ohne Schwebephase), Trab (2-Takt in 4 Phasen), Galopp (3-Takt in 6 Phasen);
- Losgelassenheit : ist das unverkrampfte, zwanglose An- und Abspannen der Muskulatur (physisch) und die innere Gelassenheit (psychisch), erkennbar z.B. an dem geschlossen tätigen Maul, dem zufriedenen Gesichtsausdruck (Auge, Ohrenspiel), dem gleichmäßig schwingenden Rücken des Pferdes, der ruhig mit der Bewegung pendelnde, getragene Schweif, das gleichmäßige Beugen und Strecken der Gelenke, das Abschnauben, das Pferd läßt sich treiben und den Reiter sitzen, ...;
- Anlehnung: ist die stete, leicht federnde Verbindung zwischen Hand und Pferdmaul, die das Pferd sucht und der Reiter gestattet, wobei das Genick immer der höchste Punkt des Pferdes ist; außer wenn vorwärts-abwärts in Dehnungshaltung geritten wird (Sie darf niemals mit der Hand erzwungen werden!) – die Beizäumung, eine weiterentwickelte Stufe der Anlehnung, ist als solches kein wesentliches Ziel in der gymnastischen Ausbildung, wohl aber Folge- bzw. Begleiterscheinung sachgemäßer Arbeit;
- Schwung: ist die Übertragung des energischen Impulses aus der Hinterhand über den losgelassen-schwingenden Rücken in die Gesamt-Vorwärtsbewegung des Pferdes, wobei es den Reiter angenehm sitzen läßt und ihn in die Bewegung mitnimmt (energisches Abfußen bei gut nach vorne durchschwingenden Gliedmaßen in der Schwebephase);
- Geraderichten : die Hinterhand ist auf die Vorhand eingespurt, d.h., die Hinterhufe beschreiben den selben Weg wie die Vorderhufe, das Pferd geht sowohl auf gerader, als auch auf gebogener Linie hufschlagdeckend; (Das Geraderichten ist eine immerwährende Aufgabe und ist niemals abgeschlossen!)
- Versammlung : das Pferd beugt verstärkt die Hanken (Hüft- und Kniegelenk), tritt weiter unter den Schwerpunkt, der sich automatisch weiter nach hinten verlagert und nimmt damit vermehrt Gewicht mit der Hinterhand auf, wobei die Vorhand entlastet wird. Dabei darf allerdings weder der Fleiß noch die Aktivität der Gliedmaßen eingeschränkt werden (die Bewegungen der Vorderbeine werden freier, die Aufrichtung nimmt zu – das Pferd geht „Berg-Auf“, in Selbsthaltung mit erhaben Bewegungen).
Alle sechs Punkte gemeinsam ergeben die alles umfassende Durchlässigkeit: der Impuls aus der Hinterhand geht ohne Zwang über den losgelassen schwingenden Rücken, das losgelassene Genick über das Maul bis in die Hand des Reiters und umgekehrt; es reagiert losgelassen, willig und gehorsam auf die vorwärtstreibenden, die verhaltenden und seitwärtsweisenden Hilfen.
Keiner der sechs Punkte (T,L,A,S,G,V) steht für sich alleine und kann auch nicht alleine bearbeitet werden, sondern jeder Punkt beeinflußt auch alle anderen Punkte!
Die Skala der Ausbildung ist z.B. für jede Reitstunde, aber auch für die gesamte Ausbildungszeit maßgebend, ganz gleich, ob es sich um ein Freizeit-, Dressur‑, Spring-, Vielseitigkeits- oder Fahrpferd etc. handelt.
Der Takt steht ganz oben, da nur bei taktmäßigen Bewegungen das Pferd losgelassen und schwungvoll gehen kann. Und, ohne Losgelassenheit sind keine taktmäßigen Bewegungen bei korrekter Anlehnung möglich.
Ein Pferd, welches in der Versammlung seine Losgelassenheit verliert, ist damit auch nicht mehr versammelt; meist kommt es dann zu Taktstörungen und Anlehnungsproblemen. Der Reiter beispielsweise muß dann auf jeden Fall erst wieder die Losgelassenheit erreichen, bevor er an weiteren Punkten arbeiten kann.
Wichtig ist auch, daß die Skala der Ausbildung unbedingt beachtet werden muß, damit ein Pferd auf Dauer Gesund erhalten werden kann:
Ein nicht losgelassenes Pferd spannt seine Muskulatur nicht zwanglos und unverkrampft an und ab, so daß es dadurch z.B. durch Bewegungen oder auch beim Springen zu unnötigen Erschütterungen kommen kann oder der Rücken - hier vor allem die Dornfortsätze – gesundheitlich deutlich leiden.
Ein nicht geradegerichtetes Pferd belastet unter anderem seine Beine unterschiedlich und daher kommt es unausweichlich zu gesundheitlichen Schäden z.B. an einem Vorderbein.
Ein nicht versammeltes Pferd belastet vermehrt beide Vorderbeine – die ja schwächer sind als die Hinterbeine –, so daß es auch hier zu Gesundheitsschäden an den Vorderbeinen kommen kann.